Wer hier schlief

Vor dem Unterstand der Straßenbahnhaltestelle wartete ein Kind, das an der Hand seiner Mutter befestigt war. Es sagte: „Der Massa mit der Kassa“ und immer wieder „der Massa mit der Kassa, der Massa mit der Kassa“, dabei stach es mit den Fingern der freien Hand Löcher in die Luft. Die Mutter schaute zur Seite, so wie Hundebesitzer wegsehen, wenn ihr Hund einen Haufen in den Kurpark setzt. 

„Afrika, Afrika“, sagte das Kind und sah Kuhn direkt in die Augen. Er lächelte und registrierte mit Erstaunen seine milde Stimmung. Das Kind hatte einen enormen Kopf und einen kleinen, viel zu schmalen Mund, einen Greisenmund.

Die Mutter stieg mit dem Buben in die Linie 36. Als das Kind bereits auf den Stufen der Straßenbahn stand, zeigte es auf Adam und sagte etwas zu seiner Mutter, die ebenfalls hersah. Er hatte das Gefühl, als litte Adam unter den fremden Blicken. Er drehte das Bild um.

Das Fest des Windrads

Stell dir eine kleine, zarte Frau vor, Margarete, und dann zieh noch einmal fünfzig Prozent ab. Du kannst ihre Rippen zählen und die Blutgefäße, die durch die Haut leuchten. Manchmal habe ich das Gefühl, dass Mary die oberste Hautschicht fehlt, dass sie noch nicht fertig modelliert ist, oder dass jemand dabei ist, sie zu schälen, wie diese traurigen Gestalten, die nach dem Tod plastifiziert und in Ausstellungen rund um die Welt geschickt werden, um das Geheimnis des Lebens zu illustrieren, und in Wahrheit doch das genaue Gegenteil erreichen und das Geheimnis auslöschen.

Südbalkon

Die Gesellschaft für Wiedereingliederung unterstützt arbeitslose Frauen, die älter sind als fünfunddreißig und kinderlos – die ihren gesellschaftlichen Auftrag also in dreifacher Hinsicht verfehlt haben. Finanziert wird die Anstalt, wie Raoul die nennt, nicht vom Staat, sondern von Industriellen mit sozialem Reflux. Mir ist alles recht, solange sie zahlen. Ich mag das Wort ‚Wiedereingliederung‘, weil es suggeriert, dass man in der Vergangenheit bereits einmal eingegliedert war. Was mich betrifft, bin ich mir da nicht so sicher. Ein abgebrochenes Medizinstudium und ein Langzeitpraktikum in einer Todesanzeigenredaktion – das ist alles, was ich an Eingliederungsbemühungen vorweisen kann.